Teil-Musterentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Wirecard Musterverfahren

Teil-Musterentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Wirecard Musterverfahren

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BOL) verkündete am 28. Februar 2025 einen Teil-Musterentscheid. Wie nach den Hinweisen aus dem Termin vom 22. November 2024 zu erwarten, wurde ein Großteil der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses des Landgerichts München I vom 14. März 2022 als nicht statthaft und als unzulässig zurückgewiesen. Es hat jedoch klargestellt, dass die umfangreich gestellten ergänzenden Anträge auf Ergänzung der Feststellungsziele noch zu bescheiden sein werden und insbesondere der Insolvenzverwalter der Wirecard AG weiterhin Musterbeklagter des Verfahrens bleibt.

In dem Termin am 22. November 2024 in der Münchener Wappenhalle hatte das BOL bereits darauf hingewiesen, dass es bei den allermeisten Feststellungszielen in dem Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 14. März 2022 Probleme bei der Statthaftigkeit und Zulässigkeit sieht. Nach dem Teil-Musterbescheid erklärte das BOL nun erwartungsgemäß, dass die meisten Feststellungsziele zu unbestimmt sind. Klargestellt wurde, dass die vom Musterkläger und verschiedenen Beteiligten gestellten Anträge auf Ergänzung der Feststellungsziele noch zu bescheiden sein werden. Insoweit waren über 3000 Ergänzungsanträge eingereicht worden, nachdem bereits im Beschluss des BOL vom 13. März 2023 auf die Unbestimmtheit der Feststellungsziele hingewiesen wurde.

Ebenfalls nicht ganz überraschend war, dass die Feststellungsziele gegenüber der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in dem Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 14. März 2022 nach Ansicht des BOL unstatthaft sind. Diese sollen nicht in den Anwendungsbereich des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes a.F., das hier noch anwendbar ist, fallen. Hiergegen soll zwischenzeitlich bereits Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt worden sein, da diese Einschätzung von der Rechtsprechung anderer Obergerichte abweichen soll.

Zwischenzeitlich hat BOL mit Beschluss vom 28. März 2025 Hinweise zu den ergänzend beantragten Feststellungszielen gegeben. Danach dürften die er Anträge hinsichtlich 5 von 6 Antragstellern unstatthaft sein, da diese nur gegen Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft klagen. Hinsichtlich des weiteren Antragstellers hat das BOL darauf hingewiesen, dass dieser die Abhängigkeit seines Ausgangsrechtsstreits von den ergänzenden Feststellungszielen darlegen müsse und ein pauschaler Verweis auf seine Klage nicht ausreichend ist.

Erfreulich für die von uns im Insolvenzverfahren und dem Pilotverfahren vertretenen Anleger ist, dass das BOL dem Begehren des Insolvenzverwalters, aus dem Musterverfahren auszuscheiden, eine Absage erteilt hat. Mithin wird der Insolvenzverwalter sein Bestreiten insbesondere hinsichtlich der Kenntnis der Vorstände von dem Nichtvorhandensein der Treuhandgelder der Wirecard AG überdenken müssen, soweit es in absehbarer Zeit zu einer Ausschüttung an die Gläubiger im Insolvenzverfahren kommen soll. Vielleicht bietet ihm der noch in diesem Jahr zu erwartende Abschluss des Strafverfahrens vor dem Landgericht München I die Grundlage dafür.

Rechtsanwalt Robert Gebhard hat für geschädigte Aktionäre und Anleihegläubiger über 2 Mrd.€ an Schadensersatzforderungen angemeldet und führt ein Pilotverfahren gegen den Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé wegen Schadensersatzansprüchen geschädigter Anleihegläubiger, da dieser deren zur Insolvenztabelle angemeldete Ansprüche bestritten hat. Insoweit musste das Landgericht München I das Pilotverfahren wegen des anhängigen Musterverfahrens aussetzen, da der Insolvenzverwalter insbesondere die Kenntnis des Vorstands der Wirecard AG hinsichtlich der Bilanzmanipulationen, die auch Gegenstand des hiesigen Lebenssachverhalts sind, mit Nichtwissen bestritten hat.

Im Insolvenz- und Sanierungsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht berät Sie gerne Rechtsanwalt Robert Gebhard