Gebäudetyp E – gelingt damit der Bürokratieabbau?


Die Bundesregierung setzt auf ihren „Pakt für schnelleres Planen und Bauen zwischen Bund und Ländern.“ Schnelleres Bauen durch Bürokratieabbau ist eines der Ziele. Eine der sog. „Turbo-Maßnahmen“ ist der Gebäudetyp E. Klingt neu – ist neu!

Die Bundesarchitektenkammer sieht in der Einführung des Gebäudetyps E großes Potential, bislang nicht genutzte Spielräume für Verfahrensbeschleunigung und innovative Planungsansätze auszuschöpfen. Den Zeit, Kosten und Ressourcen schonenden Gebäudetyp-E einzuführen, bauliche Aufstockungen zu erleichtern oder der Entfall von KFZ-Stellplatzpflichten sind nur einige Beispiele, um den lange überfälligen Handlungsstau abzubauen und dringend benötigten Wohnraum, vor allem in den stark nachgefragten Ballungsräumen, zu schaffen“, sagt Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (Quelle: https://bak.de/presse/pressemitteilungen/chancen-nutzen).

Was steckt dahinter?

Gebäudeklassen werden in jedem Bundesland in der jeweiligen Landesbauordnung definiert. Mit wenigen Ausnahmen sind diese mit § 2 Abs. 3 der Musterbauordnung identisch. Die Einteilung in Gebäudeklassen stellt eine für die Bestimmung der Bausicherheit zentrale Vorgabe der Bauordnungen dar. Je höher die Gebäudeklasse ist, desto strenger sind die Anforderungen z,B. an die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile oder den Schallschutz.

Die strikte Einhaltung der vielen Baunormen, die Rede ist von ca. 3.000, führt nach Kritik aus den Reihen der Architekten dazu, dass die Architektur nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Architektonische Innovationen als Gegentrend zum immer teureren, langsameren, gleichförmigen und komplizierteren Bau sind kaum umsetzbar, wogegen die Architektenkammern nach Initiative der Architektenkammer Bayern die Einführung eines neuen Gebäudetyps E vorschlagen, um damit den gesamten Bauprozess grundlegend zu vereinfachen (Quelle: https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/capriccio/kulturmagazin-capriccio-einfaches-bauen-nockherberg-soeder-thomas-unger-100.html).

Der Buchstabe “E” steht für “einfach” oder “experimentell”. Ziel ist es, nachhaltige Häuser bezahlbar zu bauen, indem man die Freiheit hat, das Projekt auf den Kern der Schutzziele der Bauordnung (Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz) zu reduzieren. Dabei kann auf darüberhinausgehende Normen und Standards verzichtet werden. Fachkundige Bauherren und Planende erhalten damit die Möglichkeit, ihr Projekt auf den eigentlichen Kern der Schutzziele der Bauordnung, nämlich Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz zu reduzieren (Quelle: https://www.byak.de/aktuelles/newsdetail/gebaeudetyp-e.html).

Der Verzicht auf Normen bringt aus baurechtlicher Sicht zwei problemschwere Folgekreise mit sich, denn Baunormen gehören zur Qualitätsbestimmung im Zivilrecht und im Baupolizeirecht. Im Zivilrecht ließen sich von Normen abweichende Vereinbarungen treffen (z.B. die rechtssichere Vereinbarung eines Gebäudetyp E als spezielle Beschaffenheit abweichend von den geltenden anerkannten Regeln der Technik im Werkvertrag), wobei der Aufwand auch im Hinblick auf die Nachfolgeverträge mit Nutzern der Gebäude erheblich sein dürfte. Im öffentlichen Recht werden die Gesetzgeber aktiv werden müssen.
Damit sich der Gebäudetyp E tatsächlich zu einer Bauturbomaßnahme entwickelt, wird noch viel Arbeit geleistet werden müssen. Hierzu gibt es erfreulicherweise bereits zahlreiche prominente Unterstützung.

Der Baugerichtstag in Hamm empfahl im Mai 2023, eine gesetzliche Möglichkeit zu eröffnen, um anstelle der allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Standards in Verträgen vereinbaren zu können und appellierte an den Bundesgesetzgeber zur Umsetzung der Idee des Gebäudetyp E, das BGB entsprechend anzupassen.
Auf ihrer Frühjahrskonferenz haben die Justizminister und Justizministerinnen der Länder Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann gebeten, zu prüfen welche zivilrechtlichen Anpassungen aufgrund eines bauordnungsrechtlichen Gebäudetyps E geboten sind, um dessen Umsetzung rechtssicher zu ermöglichen, insbesondere zur Sachmängelhaftung im Werkvertragsrecht, aber auch im Kauf-, Miet- und Haftungsrecht. (Quelle: https://bak.de/presse/pressemitteilungen/bundesjustizminister-soll-zivilrechtliche-fragen-zum-gebaeudetyp-e-klaeren/).

Bei einem Treffen am 07.08.2023 hat der Bundesjustizminister gegenüber der BAK und der BIngK seine Unterstützung zugesagt. (Quelle: https://www.bingk.de/gebäeudetyp-e-interview-mit -minister-marco-buschmann/) (Quelle: https://bak.de/bundesjustizminister-dr-marco-buschmann-sagt-unterstuetzung-zu/)

Und auch der DIN Sonderpräsidialausschuss Bauwerke hat seine Unterstützung der gemeinsamen Anstrengungen aller am Bau Beteiligten zur Senkung der Baukosten und Erreichung der Ziele des Wohnungsbaus in Deutschland zugesagt und wird die Impulse zum Gebäudetyp E aufgreifen, zunächst mit dem Ziel, zu untersuchen, wie sich die Normen auf die Baukosten auswirken und zur Kostendämpfung beitragen können (Quelle: https://www.din.de/de/din-und-seine-partner/prese/mitteilungen/-alle-potenziale-zur-bauskostensenkung-nutzen–955144).

Die Bauministerkonferenz (Argebau) Nicole Razavi (BW), Dr. Dorothee Stapelfeld (Hamburg), Ina Scharrenbach (NRW) und Klara Geywitz haben in ihrer Pressemitteilung vom 25.11.2022 ohnehin ihre grundsätzliche Unterstützung des Wohnungsbaus bekundet.

Abbau von Bürokratie, weniger regeln, um mehr zu erreichen. Eine freudvolle Zukunftsaussicht.