Die Babyboomer-Generation steht unmittelbar vor dem Renteneintritt und den Unternehmen gehen damit Fachkräfte verloren, die angesichts des Fachkräftemangels nicht ohne Weiteres ersetzt werden können. Und mancher Babyboomer fühlt sich mit 66+ Jahren noch zu jung, um schon vollständig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Die Weiterbeschäftigung dieses Personenkreises kann also eine Win-win-Situation sein.
Dies will die Bundesregierung durch die Einführung der Aktivrente fördern. 2.000 € sollen steuerfrei zur Rente dazuverdient werden können.
Was ist bei der Weiterbeschäftigung dieses Personenkreises zu beachten? Welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen?
Zunächst ist ein Blick in den Arbeitsvertrag erforderlich.
- Ein Arbeitsverhältnis endet nicht ohne Weiteres mit Erreichen der Regelaltersgrenze für eine gesetzliche Rente.
- Eine solche Regelung muss individualrechtlich vereinbart worden sein.
- Ist nichts vereinbart worden, muss der Arbeitgeber nichts tun. Das Arbeitsverhältnis läuft einfach weiter, wenn der Mitarbeiter nicht selbst kündigt.
- Ist eine solche Regelung im Arbeitsvertrag, heißt es für den Arbeitgeber
Aufgepasst!
Denn arbeitet der Mitarbeiter mit Wissen des Arbeitgebers ohne schriftliche Regelung weiter, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht (§ 15 Abs. 5 TzBfG). Der Mitarbeiter hat dann uneingeschränkten Kündigungsschutz; eine erleichterte „Rentnerkündigung“ gibt es nicht.
Diese in der Regel unerwünschte Rechtsfolge verhindert der rechtzeitige Abschluss einer
Hinausschiebensvereinbarung
gemäß § 41 S. 3 SGB VI, die beiden Arbeitsvertragsparteien Sicherheit für die Rentnerbeschäftigung gibt. Mit dieser Regelung will es der Gesetzgeber den Arbeitsvertragsparteien ermöglichen, das Arbeitsverhältnis noch während des Bestehens für die Zeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze einvernehmlich für einen von vornherein bestimmten Zeitraum rechtssicher fortzusetzen (BT-Drs. 18/1489 S. 25). Den Zeitpunkt können die Parteien beliebig wählen und auch mehrfach hinausschieben, indem sie bei Bedarf eine weitere Hinausschiebensvereinbarung treffen. Die Hinausschiebensvereinbarung muss
- schriftlich
- vor der Beendigung durch Renteneintritt
abgeschlossen werden. Eine E-Mail reicht also ebenso wenig wie eine mündliche Absprache.
Leider gibt es noch keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) dazu, ob in der Hinausschiebensvereinbarung auch gleichzeitig die Arbeitsbedingungen geändert werden dürfen, insbesondere eine Verringerung der Arbeitszeit vereinbart werden kann.
Gehen Sie daher auf Nummer sicher und machen Sie zwei Vereinbarungen. Erst wird die Hinausschiebensvereinbarung abgeschlossen und danach vereinbaren die Parteien in einem separaten Vertrag die Verringerung der Arbeitszeit.
Eine rechtswirksame Alternative zur Hinausschiebensvereinbarung ist nur die
befristete Rentnerbeschäftigung mit Sachgrund.
Sachgrund kann insbesondere der vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung sein, z.B. die Arbeit in einem zeitlich befristeten und inhaltlich abgrenzbaren Projekt.
Sachgrund für eine Befristung ist der Bezug der Altersrente nur, wenn zusätzlich die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einer konkreten, im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient (BAG, Urteil vom 11.02.20215 – 7 AZR 17/13). Dies wird selten nachzuweisen sein.
Dem Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags für die Zeit nach dem Erreichen des Rentenalters steht das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 TzBfG entgegen, nach dem eine sachgrundlose Befristung nicht möglich ist, wenn irgendwann einmal schon ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestand.
Eine Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbot für die Rentnerbeschäftigung ist derzeit nicht in Sicht.
Praxistipp:
Sichern Sie sich das Wissen, die Kompetenzen und die Motivation der „Silberlocken“ noch vor deren Renteneintritt und sprechen Sie geeignete Mitarbeiter frühzeitig an. Dann können Sie eine Hinausschiebensvereinbarung ohne Zeitdruck vor dem Renteneintritt schriftlich vereinbaren und damit Fachkräfte und Know-how im Betrieb halten.
Im Arbeitsrecht berät Sie gerne: Frau Cornelia Leicht, +49(721) 82 82 90